Lüchow. Strahlende Gesichter der Vorstandsmitglieder der Volksbank Osterburg-Lüchow-Dannenberg (VB OLD): Soeben hatten sich 99,6 Prozent der 535 Genossenschaftsmitglieder,
die am Dienstagabend zur außerordentlichen Generalversammlung in den nahezu vollbesetzten Lüchower Gildehaussaal gekommen waren, für die Übernahme der Volksbank Clenze-Hitzacker entschieden. „Eine Vernunftheirat“ zweier wirtschaftlich gesunder Genossenschaftsbanken, urteilte Professor Dr. Bernd Nolte, der die Fusion als Berater fachlich begleitet hatte. Zuvor hatten die Mitglieder mit 99,1 Prozent entschieden, dass die verschmolzene Genossenschaft ab Januar den Namen VR Plus Altmark-Wendland tragen wird. Ferner wird der amtliche Sitz von Dannenberg nach Lüchow verlegt, denn dort ist der Vorstand tätig. Ebenso von hohem Vertrauen geprägt, war die Wahl der neuen Aufsichtsratsmitglieder Dorothee Pengel, René Kern und Holger Drengemann, die am Montag von der Generalversammlung der VB Clenze-Hitzacker nominiert worden waren. Ohne Gegenstimme bei einer Enthaltung wählten die VB-OLD-Mitglieder die bisherigen Aufsichtsräte der zu übernehmenden Genossenschaft ins Aufsichtsgremium. Professor Nolte aus Stuttgart, der in den vergangenen 20 Jahren rund 200 Bankenfusionen mit Expertenwissen umgesetzt hat, erläuterte schwäbisch-fröhlich und verständlich die üblicherweise am häufigsten gestellten Fragen. Er prognostizierte, dass die Verschmelzung beider Geldinstitute wegen der stetig schwieriger werdenden Rahmenbedingungen ein Potenzial für Synergien in Höhe von 500 000 bis einer Million Euro pro Jahr berge. Diese seien für die VRPlus-Genossenschaft existenziell wichtig, um in der Niedrigzinsphase als Bank „zu überleben“. Nolte verdeutlichte, dass die Notenbanken das Zinsniveau noch lange niedrig halten würden, weil der Kapitalbedarf der EU-Staaten sehr hoch sei, um wirtschaftliche Unterschiede innerhalb der EU allmählich auszugleichen. Um in dieser Negativzins-Welt zu bestehen, sei die Verschmelzung vernünftig, zumal die VB Clenze-Schnega ein hohes Eigenkapital, gut ausgebildete Mitarbeiter und ein zusätzliches Geschäftsgebiet mitbrächte. Mit dem größeren Vorstand sei es künftig möglich, sich besser auf einzelne Geschäftsbereiche zu konzentrieren. Noltes Antwort auf die Forderung, Bankfilialen zu erhalten: „Filialen werden überall dort Bestand haben, wo sie auch tatsächlich von den Kunden genutzt werden.“ Er riet dringend dazu, sich von Geld-Fachleuten beraten zu lassen und nicht auf Tipps aus dem Internet zu vertrauen. Denn trotz der Fusion würden die Kunden weiter ihre Beratungsansprechpartner behalten. Nur an den Standorten Lüchow und Salzwedel werde je eine von zwei Geschäftsstellen schließen. Zu Beginn hatte Grit Worsch, die Vorstandsvorsitzende der VB OLD, erklärt, wie die Mitarbeiter in einem Projekt „einheitliches Erscheinungsbild unserer Genossenschaft“ auf den neuen Namen V wie Volksbank, R wie Raiffeisen und Plus für zusätzliche Geschäftsfelder gekommen sei. Die Regionen Altmark und Wendland seien die historischen Urzellen des Unternehmens. Um die Identität von verschmolzenen Genossenschaften zu bewahren, würden die Namen wie Elbe-Ostheide und Clenze-Hitzacker weiterhin als Titel von Zweigniederlassungen auf deren
historische Herkunft hinweisen. An den Zahlungen von Gewerbesteuer würde das für die jeweiligen Kommunen nichts ändern, betonte Worsch. Ohne Nachfragen war die Abstimmung für die erforderliche Satzungsänderung dadurch ein Selbstgänger – 99,06 Prozent stimmten für die Änderungen inklusive der Sitzverlegung. Neue Geldanlage-Konkurrenz aus dem Internet, ein deutliches Abschmelzen des Zinsergebnisses aus dem Kundengeschäft sowie verschärfte Regulierungen mit zusätzlichen Kosten und geforderte Kapitalzuschläge zum Absichern von Risiken – all das führe zu deutlich schwierigeren Marktbedingungen als noch vor fünf Jahren, beschrieb Worsch die Veränderungen auf dem Banken-Markt. Mit der Verschmelzung – quasi als Hilfe zur Selbsthilfe – hätten sich beide Genossenschaften mehr Potenziale eröffnet. So könne einerseits Beratungsfähigkeit ausgebaut andererseits eine Abteilung Meldewesen aufgebaut werden; beides stärke die Wettbewerbsposition gegen regionale Mitbewerber. Die Geschäftsfelder der fünf Vorstandsmitglieder: Grit Worsch, Vorsitzende des Vorstands, verantwortlich für den Warenvertrieb, Personalangelegenheiten und die Beteiligungen, Torsten Dallmann (Privatkundengeschäft), Hanno Jahn (Firmenkunden, Marketing und eigene Geldanlage), Berthold Hilmer (Marktfolge, Controlling der Beteiligungen, Innenrevision), Volkmar Hundt (Bank-Steuerung, Controlling Bank und Ware, Rechnungswesen und EDV). Fünf Vorstandsmitglieder, das sei schon eine Besonderheit, räumte Aufsichtsratsvorsitzender Torsten Wojahn ein. Aber die Verstärkung des Vorstandsteams sei wegen künftiger Herausforderungen vertretbar, zudem das zu bisher geltenden Gehaltskonditionen geschehe. Mit dem Erhöhen der AR-Posten von neun auf zwölf werde dem erweiterten Geschäftsgebiet Rechnung getragen. Aus der Darstellung des Fusionsgutachtens, verlesen von Wirtschaftsprüfer Dirk Abel vom Genossenschaftsverband, ging hervor, dass beide Fusionspartner über angemessenes Eigenkapital und keine besonderen finanziellen Risiken verfügten. Auch Alternativen hinsichtlich Verschmelzungen mit anderen Partnern seien abgewogen worden. Die bisher ausreichende Ertragslage gewinne durch die Fusion – beispielsweise durch höhere Kreditgrenzen – neue Perspektiven, um den Bestand der
Genossenschaft langfristig zu gewährleisten. Bis Ende 2019 werde es keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Die Fusion sei für Kunden, Mitglieder und Beschäftigte eine gute Sache. So kam es letztlich zu der 99-prozentigen Zustimmung zur Verschmelzung.