Dass Jugendliche an ihren Schulen kleine Firmen gründen ist nicht neu und wird in der Regel von den Schulen initiiert und begleitet. Die Schüler lernen dabei Verantwortung zu übernehmen, setzen Wirtschaft real um und schnuppern zugleich ins Berufsleben hinein. Sie erleben etwas, was sonst nur im späteren Arbeitsleben möglich ist: Eine eigene Firma zu gründen, diese zu führen, selbst Produkte oder Dienstleistungen anzubieten und auch deren
Preise zu kalkulieren.
An den Berufsbildenden Schulen in Lüchow (BBS) gibt es solche Schülerfirmen bereits längerem ‐ aber noch keine Schülergenossenschaft. Das soll sich jetzt ändern, denn derzeit ist eine Klasse dabei, die Gründung einer Schülergenossenschaft vorzubereiten – vermutlich die erste in Lüchow‐Dannenberg. Als Partner‐ und Patengenossenschaft unterstützt die VR PLUS Altmark‐Wendland eG die Schüler, ihr Projekt zu realisieren und das junge Start‐up Unternehmen zu gründen.
Das pädagogische Projekt der „Nachhaltigen Schülergenossenschaften“ setzt ganz bewusst auf gemeinsame Übernahme der Verantwortung für Mensch und Umwelt sowie die Förderung der Mitglieder. Damit diese Ziele auch gelebte Realität werden, setzten sich die Schüler schon im Vorfeld der Gründung mit den UNESCO‐Nachhaltigkeitszielen auseinander.
Hinzu kommen noch genossenschaftstypische Besonderheiten: So etwa der streng demokratische Aufbau jeder Genossenschaft, der Kernbestandteil auch der Schülergenossenschaften ist. Oder etwa die jährliche Prüfung des Geschäftsbetriebes und des Jahresabschlusses durch die Prüfer des Genossenschaftsverbandes. Dies verleiht dem Projekt zusätzliche wirtschaftliche Sicherheit und stärkt die Persönlichkeit und die Kompetenz der Schüler als Jungunternehmer – Eigenschaften, die den Schülern spätestens beim Berufseinstieg wertvolle Vorteile verleihen können.
Und um das Projekt auch erfolgreich durchführen zu können, lernen sie dort bald auch Buchhaltung, Vertrieb, Marketing, Organisation oder Kostenkalkulation. Vorher mussten sie jetzt aber schon ihre Businesspläne erarbeiten – fünf an der Zahl, da die Schülergenossenschaft mit Namen…? die fünf Unterabteilungen „Erstellung einer Homepage“, „Herstellung von Frühstücksbrettern aus Holz“, „Verkauf von Merchandising‐Büroartikeln der BBS Lüchow“, „Kunst“ und ein „soziales Projekt zum Besuch von Kindergärten und Altenheimen“. Diese Businesspläne stellten die angehenden
„Jungunternehmer“ bei ihrer Partnergenossenschaft der VR PLUS vor und ernteten von den Bankvorständen und Lehrkräften viel wertvolles Feedback.
Doch bevor es zur Genossenschafts‐Gründung kommt, haben die Schüler noch einiges zu tun. So muss beispielsweise eine Satzung her, Mitglieder für einen Aufsichtsrat und für den Vorstand sind zu benennen, die Gründungsversammlung ist vorzubereiten und es muss geregelt werden, wie die Mitglieder der Schülergenossenschaft gefördert werden sollen und was mit dem Gewinn passiert – alles wie bei einer echten Genossenschaft, denn die Gründungsformalitäten sind hier nahezu 1:1 identisch. Dennoch bleibt die Schülergenossenschaft ein pädagogisches Lehrprojekt und ist daher juristisch nicht gleichzusetzen mit einer echten Genossenschaft.
Damit die Gründungsvorbereitungen fachlich kompetent erledigt werden können, gab es für die Schüler im Anschluss an ihre Präsentationen Genossenschafts‐Know‐How direkt von den Koordinatoren für Schülergenossenschaften des Genossenschaftsverbandes und des Kultusministeriums. Die Verbandsvertreter unterzeichneten gemeinsam mit der BBS Lüchow und der VR PLUS eine Vereinbarung zur Übernahme einer Partnerschaft für die Schülergenossenschaft. Damit verbunden ist die Aufnahme in das Projekt Nachhaltige Schülergenossenschaften in Niedersachsen.
Voraussichtlich nach Ostern wollen die Schüler alles soweit vorbereitet haben, um dann ihre Schülergenossenschaft gründen zu können und den Geschäftsbetrieb in den verschiedenen Geschäftszweigen aufnehmen zu können.
Das Projekt „Nachhaltige Schülergenossenschaften“ wurde in Niedersachsen bereits vor 15 Jahren begründet – in anderen Bundesländern wird es seit zehn Jahren praktiziert. Die UNESCO hat es wegen ihres überzeugenden pädagogischen Nachhaltigkeitscharakters schon zweimal mit dem UNESCOAWARD ausgezeichnet. Und auch die UNO hat der Idee der Genossenschaften den Welterbe‐Status verliehen – wohlwissend, dass die mehr als eine Milliarde Menschen in den Genossenschaften in aller Welt mit ihrer Arbeit für den Lebensunterhalt und die Lebensgrundlage der halben Menschheit verantwortlich zeichnen.