Gemeinsam Großes leisten: nachhaltig, sozial, verantwortungsbewusst und dabei entdecken, was sie alle verbindet. Das sind Schülergenossenschaften. Damit gleichen sie sehr den „erwachsenen“ Genossenschaften wie der VR PLUS Altmark-Wendland, die jetzt eine solche Gründung an der BBS Lüchow fördert.
Deutschlandweit werden die „kleinen“ Ableger immer mehr: Eingetragene und nachhaltige Schülergenossenschaften gibt es inzwischen mehr als 200. Sie sind so etwas wie Start-Ups, wo sie beispielsweise Honig, Pralinen oder Filz produzieren. Sie beraten Haushalte in Energiefragen oder bieten Dienstleistungen rund um den Garten an. Und sie sorgen selbst für Marketing und Vertrieb. Schülergenossenschaften sind in vielen Bereichen aktiv.
Der Genossenschaftsverband – Verband der Regionen e. V. hat das Projekt im Jahr 2006 zusammen mit dem Niedersächsischen Kultusministerium begründet und koordiniert dies seit Jahren schon mit dem Genossenschaftsverband Weser-Ems e.V.. Inzwischen gibt es rund 70
Schülergenossenschaften allein in Niedersachsen, und weitere in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Hessen und Baden-Württemberg – weitere Bundesländer wie etwa Schleswig-Holstein sind in Vorbereitung.
SchülerInnen praktizieren gelebte Nachhaltigkeit
Mit Unterstützung der VR PLUS Altmark-Wendland wurde nun eine Schülergenossenschaft in Lüchow-Dannenberg aus der Taufe gehoben: die BBS Laca One-Schülergenossenschaft an der BBS Lüchow. Ihre Mitglieder verkaufen in einer Abteilung nachhaltig produzierte Büroartikel und Masken, in einem anderen Geschäftszweig nachhaltig produzierten Kaffee und Tee. Darüber hinaus kümmern sie sich um die Unterhaltung von Senioren in Pflegeeinrichtungen durch selbst konzipierte Texte mit kurzweiligen und interessanten Inhalten, die als Prospekte in den Pflegeeinrichtungen verteilt werden. Die Finanzierung erfolgt über einen Second Hand Shop. All diese Tätigkeiten finden unter absolut realistischen Bedingungen statt.
Corona verzögerte die Gründung um mehr als ein Jahr
Die Gründungsvorbereitungen sind bereits Ende 2019 gestartet. Im Februar 2020 stellten die SchülerInnen ihre Businesspläne bei ihrer Partnergenossenschaft der VR PLUS vor und ernteten von den Bankvorständen und Lehrkräften viel wertvolles Feedback. Die im März 2020 folgenden Corona-Einschränkungen ließen die weiteren Gründungsvorbereitungen und die anschließende Gründung im Rahmen einer Präsenzveranstaltungen leider nicht mehr zu. In diesem Schuljahr nahmen die SchülerInnen die Vorbereitungen wieder auf. Trotz der schwierigen Corona-Rahmenbedingungen mit Unterricht im Distanzlernen gelang es ihnen, die Gründung vorzubereiten und nun auch durchzuführen.
Das komplexe Anspruchsniveau dieser Schülergenossenschaften bildet die Grundlage für wertvolle Erfahrungen unserer Fachkräfte von morgen. Die SchülerInnen erleben hier etwas, was sonst nur im späteren Arbeitsleben möglich ist: nämlich eine eigene Firma zu gründen, diese zu führen, selbst Produkte oder Dienstleistungen anzubieten und auch deren Preise zu kalkulieren. Damit ist das pädagogische Projekt Schülergenossenschaften ein hervorragendes Angebot, um Jugendlichen an Schulen Wirtschaftswissen zu vermitteln.
Schon frühzeitig berufliche Erfahrungen sammeln
Als reales, auf Dauer angelegtes Unternehmen bieten sie den Jugendlichen die Möglichkeit, im direkten Kontakt mit realen Kunden, Lieferanten, Produkten und Geld, wirtschaftliche Kenntnisse und Know-how zu erwerben. Das ist angewandter Wirtschaftsunterricht, der den Schülerinnen und Schülern Spaß macht und den ein oder anderen vielleicht sogar dazu bringt, später ein eigenes Unternehmen zu gründen.
Was macht die Erfahrung in einer Schülergenossenschaft so wertvoll? Die Schülerinnen und Schüler trainieren vorausschauendes Denken, demokratische Partizipation und soziales Gewissen – Qualitäten, an denen es in der Wirtschaft heutzutage durchaus hier und da mangelt. Mit ihren kleinen Firmen entwickeln sich die Mädchen und Jungen menschlich und fachlich weiter und gewinnen bereits in der Schule wichtige Einblicke in die Berufs- und Arbeitswelt. Darüber hinaus lernen Schülerinnen und Schüler eine Wirtschaftsform kennen, die verantwortliches Handeln und wirtschaftlichen Erfolg verknüpft und dazu einlädt, sich mit den sozialen und ökologischen Herausforderungen aktiv auseinanderzusetzen.
So wie bei einer richtigen Genossenschaft wie etwa der VR PLUS Altmark-Wendland gibt es auch bei den Schülergenossenschaften einen Aufsichtsrat als Kontrollorgan, einen Vorstand und eine jährliche Prüfung durch den Genossenschaftsverband. Dadurch wird auch hier in allen unternehmerischen Facetten die Realität möglichst wirtschaftsnah abgebildet. So etwa auch bei den Gründungsformalitäten, die einen durchdachten und geprüften Businessplan erfordern – ganz so wie bei einer echten Genossenschaftsgründung.
Nachhaltige Schülergenossenschaften sind ein mehrfach ausgezeichnetes UNESCO-Projekt
Das Projekt „Nachhaltige Schülergenossenschaften“ wurde in Niedersachsen bereits vor 15 Jahren begründet – in anderen Bundesländern wird es seit zehn Jahren praktiziert. Die UNESCO hat es wegen ihres überzeugenden pädagogischen Nachhaltigkeitscharakters schon zweimal mit dem UNESCOAWARD ausgezeichnet. Und auch die UNO hat der Idee der Genossenschaften den Welterbe-Status verliehen – wohlwissend, dass die mehr als eine Milliarde Menschen in den Genossenschaften in aller Welt mit ihrer Arbeit für den Lebensunterhalt und die Lebensgrundlage der halben Menschheit verantwortlich zeichnen.