Woltersdorf. Kryptowährungen sind die Zukunft. So verkünden es Internet-Gurus. Geld, das nur noch als Recheneinheit auf den Computern existiert, dessen Wert von keinem Staat und keiner Zentralbank garantiert wird, Zahlungsverkehr, der nur noch im Mausklick besteht und hinter dem kein reales Geld steht. An diese Zukunft glaubt auch Florian Söllner. Der Mitarbeiter der Zeitschrift „Aktionär“ war am Sonnabend als Referent eingeladen, als die Genossenschaft VR PLUS in Woltersdorf im Rahmen ihrer Veranstaltungen zum 100. Jahrestag zu einem Familientag an ihre Gründungsstätte gerufen hatte. Vor einem Jahrhundert wurde dort die Sparund Darlehnskasse gegründet. Ein Zukunftspotenzial bescheinigte Söllner seinem Referatsgegenstand. Aber die Versprechungen, die für Kryptowährungen gemacht werden, können sie heute noch nicht halten. Weder sind sie schneller als der Zahlungsverkehr, der über die Bundesbank abgewickelt wird, noch sind sie billiger. So teuer, wie eine Überweisung etwa der Kryptowährung Bitcoin ist, würde kein Volksbank-Kunde sie bei seiner Bank akzeptieren, meinte die Vorstands-vorsitzende von VR PLUS, Grit Worsch als Ergebnis des Referats. Söllner versuchte, eine Gemeinsamkeit zwischen den Internetwährungen und der Genossenschaftsidee herzustellen. Im Grunde gehe es beiden um das gleiche Anliegen, die Demokratisierung, meinte er und wiederholte damit das alte ideologische Versprechen, mit dem Verkünder des Internetzeitalters wie Apple, Microsoft oder Facebook das Geld anderer Leute auf ihre Konten lenkten. Die Idee hinter Kryptowährungen beschrieb Söllner mit Zitaten aus einem Weißbuch von 2008: Der Zahlungsverkehr zwischen Geber und Nehmer solle ablaufen, ohne dass eine Bank dazwischen geschaltet wäre. Das Problem dabei: Wie kann die Zuverlässigkeitsgarantie, die von der Bank in der Regel ausgeübt wird, ersetzt werden? Wie kann auf das Vertrauen in diesen Garanten verzichtet werden? Die Antwort der Kryptowährungen ist ein kryptografisches elektronisches System, das nicht auf Institutionen angewiesen ist, sondern auf jedem Rechnet existiert. Die Verkünder dieses virtuellen Geldsystems sehen darin, jedenfalls für die Zukunft, das Internetäquivalent zu Gold, hieß es am Sonnabend im Festzelt in Woltersdorf. Kryptowährungen, das räumte Söllner ein, sind zurzeit nicht relevant im Finanzsystem, ganz im Unterschied zu der Aufmerksamkeit, die ihnen in Medien zuteil wird. Ihr Anteil am Zahlungsverkehr beträgt Bruchteile eines Prozents, obwohl es über tausend solcher Währungen wie Bitcoin gibt, wie der Referent erklärte. Er warnte auch: Bitcoin and friends sind reine Spekulation. Die Weltwährung, so zitierte er Kritiker, würden sie nicht. Andere Kritiker verweisen auf den ungeheuer großen Energieverbrauch,den diese Art von Zahlungsverkehr benötigt. Söllner führte Bergwerke in Norwegen vor, die mit Rechnern voll gestellt werden, um diese Rechnerkapazität überhaupt leisten zu können. Abhilfe sollen Kryptowährungen der zweiten und dritten Generation bringen. Die sollen dann auch die alten Versprechen von billiger und schneller einlösen. Aber noch seien 95 Prozent dieser Währungen reiner Trash, erfunden, um abzuzocken, erklärte der Referent unter Hinweis auf entsprechende Experten-Äußerungen. Sie hätten allerdings das Potenzial, zur nächsten Spekulationsblase zu werden. Das Thema Bitcoins, Krytowährungen oder Blockchains stieß bei Mitgliedern, Kunden und Gästen der Volksbank VR PLUS nur auf begrenztes Interesse. So richtig überzeugen konnte der Referent seine Zuhörer in Woltersdorf nicht von der Bedeutung seines Gegenstandes, meinte Vorstandsvorsitzende Worsch als Fazit. Das dürfte auch daran gelegen haben, dass es offenkundig nicht das dringendste Anliegen des Referenten war, von seinen Zuhörern verstanden zu werden. Sie bekamen Sätze zu hören wie: „Ein Asset während eines Hypes zu kaufen, ist nicht die beste Idee“, was nichts anderes sagt als die alte Börsenweisheit, dass man Aktien bessernicht kauft, wenn die Nachfrage danach gerade sehr groß ist. Deutlich wurde nach Ansicht von VR PLUS-Chefin Worsch, dass es gegenüber dem Einstieg bei Kryptowährungen einfacher ist, Mitglied einer Volksbank-Genossenschaft zu werden.